15.07.2006
Frankfurt: Im Namen der Bürger gegen die Bürger

Vom 5. bis 7. Mai fand im Technischen Rathaus in Frankfurt am Main ein vom Bund Deutscher Architekten (BDA) organisierter Workshop statt, der sich mit der Gestaltung des Areals zwischen Dom und Römerberg befasste. An diesem ungewöhnlichen Projekt beteiligten sich 30 Architekten-Teams.
Was war hier geschehen, das die Architekten derart mobilisierte? Was galt es zu verhindern? Was mochte da an unvorstellbaren, das Technische Rathaus an Monstrosität noch übertreffenden Bausünden drohen?

Die Wahrheit ist ernüchternd: Was da "drohte", war ein Bauvorhaben, das in der Frankfurter Bevölkerung laut einer FAZ-Umfrage derzeit eine 66%ige Zustimmung genießt: die originalgetreue Rekonstruktion der Altstadt zwischen Dom und Römerberg. Die Teilnehmer des Workshop unternahmen somit in den reichlich absurden Versuch, Bürgernähe durch unverhohlene Missachtung des mehrheitlichen Bürgerwillens vermitteln zu wollen. Dieser Geburtsfehler des ganzen Projektes – einen Rettungsversuch zu unternehmen, wo niemand um Rettung gebeten hatte, ja sogar den eigentlichen Wünschen der Bevölkerung entgegenzuarbeiten – wurde offenbar keinem der Teilnehmer bewusst.

Stattdessen wurde auf einer Pressekonferenz am 7. Mai verkündet, man halte die Ergebnisse des Workshop für einen bedeutenden Erfolg – ohne dass die Öffentlichkeit bislang auch nur die Gelegenheit gehabt hatte, positiv oder negativ auf diese Ergebnisse reagieren zu können. Hier zeigt sich, was von der "Bürgernähe" des ganzen Projektes zu halten ist: Die Tatsache, dass die Akzeptanz durch die Frankfurter Bürger der entscheidende Faktor ist, der über Erfolg oder Misserfolg des Workshop entscheidet, scheint im Denken der teilnehmenden Architekten keine Rolle zu spielen. Eine deutliche Sprache hingegen spricht es, wenn Planungsamtsleiter von Lüpke verkündet, die Zusammenarbeit in den Räumlichkeiten des Technischen Rathauses sei so gut gewesen, dass man fast ernsthaft darüber nachdenken müsse, das Gebäude zu erhalten. Auch andere Beteiligte würden offenbar den allgemein unbeliebten Betonklotz am liebsten stehen lassen.

Am 8. Mai 2006 folgte eine öffentliche Diskussion zu den Ergebnissen des Workshop. Wie bei solchen einseitigen Veranstaltungen mittlerweile leider üblich, fanden sich unter den Podiumsrednern ausschließlich Rekonstruktionsgegner – was den Verdacht nahe legt, dass diese "Experten" die Konfrontation mit den Argumenten der Gegenseite unter ebenbürtigen Bedingungen scheuen. Da vermag es auch nicht mehr überraschen, wenn einer der Podiumsredner verkündet, die Bevölkerung habe keineswegs ein Recht auf Fachwerk, sondern lediglich ein Recht auf Bildung (wodurch sich der Wunsch nach Fachwerk von selbst erledigen würde). Hier wird deutlich, dass Teile der Fachwelt keineswegs den Dialog mit dem Bürger, sondern vielmehr die Bevormundung des Bürgers suchen. 
 

 

"Gelungenes" Ergebnis des BDA-Workshop: altstadtgerechte Bebauung?

 

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